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1.1 Motivation

Was ist aber nun, wenn ein Mitarbeiter nicht an seinem gewohnten Arbeitsplatz in der Firma arbeiten kann? Oder was macht ein Student, wenn er die Literatur aus der Bibliothek nicht entfernen darf (Präsenzbibliothek)?

Ein moderner Mitarbeiter ist mehrmals im Jahr unterwegs: auf Kongressen, Fortbildungsmaßnahmen oder einfach bei auswärtigen Kunden vor Ort. Dabei kann er nicht auf moderne Hilfmittel verzichten.

Der Mitarbeiter, der tagsüber an einem Kongress im Ausland teilnimmt, möchte am Abend oder in den Pausen seine Email im Heimatbüro lesen und bearbeiten. Haben sich interessante Bekanntschaften auf diesem Kongress ergeben, kann es nützlich sein, diesen Kontakt sofort in die Firma weiterzuvermitteln. So kann sich sofort jemand mit dem zukünftigen Kunden in Verbindung setzen und die Kontaktaufnahme verschiebt sich nicht auf den Zeitpunkt, zu dem der Mitarbeiter vom Kongress zurück ist und seine Notizen so weit aufgearbeitet hat.

Auch ein Student, der viel mit Literatur in Bibliotheken arbeitet, ist oft darauf angewiesen, Querverweise in der Literatur zu verfolgen. Leider gehen diese Verweise in aktueller Literatur immer häufiger auf Webseiten im Internet, so daß ein paralleler Internetzugang fast unerläßlich für ein ausreichendes Studium der Quellen wird.

Manchmal werden öffentlich zugängliche Systeme für diesen Zweck zur Verfügung gestellt. Diese sind meist aber nicht in ausreichender Menge vorhanden oder es sind spezielle Betrachtungsprogramme nicht installiert.

In allen Fällen ist eine schnelle und unkomplizierte Anbindung mittels eines eigenen Rechners oder Notebooks an ein Netzwerk wünschenswert sowie eine eventuelle Nutzung lokaler Dienste (Drucker, Internet-Zugang, Fax).

Bisher sah dies in der Praxis wie folgt aus:

Will jemand das lokale Netz nutzen, muß er sich eine IP-Adresse beim lokalen Systemadministrator holen; neue Gateways, Nameserver, Proxies auf seinem Notebook konfigurieren oder die MAC-Adresse seiner Netzwerk-Karte abgeben, damit ein Teil der benötigten Dienste automatisch auf dem Notebook konfiguriert werden können.

Die meisten Handgriffe für eine derartige Umkonfiguration des Notebook oder eines anderen mobilen Rechners sind für jemanden, der den Rechner als Werkzeug und nicht als Lebenszweck betrachtet, böhmische Dörfer. Wer weiß schon, wie er die MAC-Adresse seiner Ethernetkarte abfragen kann?

Viel angenehmer und einfacher wäre folgendes Vorgehen:

Bibliothek
]Bibliothek In einer Bibliothek:

Der Student kommt in den Lesesaal der Bibliothek. Dort findet er an den Tischen Strom- und Netzwerkanschlüsse vor. Hier kann er sein Notebook anschließen. Ist er in der Bibliothek seiner eigenen Universität, kann er sich direkt mit seiner normalen Kennung anmelden. Er erhält dann seine gewohnte Arbeitsumgebung und Services zur Verfügung gestellt.

Ist er Gast in dieser Bibliothek, kann er die allgemein bekannte Gastkennung verwenden und ebenfalls auf einige Dienste, wie zum Beispiel Internetzugang zugreifen.

Hotel
]Hotel In einem Hotel:

Der Kunde kommt in sein Hotelzimmer. Beim Einchecken hat er bereits eine Kennung und ein Passwort mitgeteilt bekommen. Unter den üblichen Informationen zum Hotel findet er in seinem Zimmer auch Informationen zum Netzwerkservice sowie Hinweise über Standardkosten und Dienste, die über das Netzwerk vom Hotel zur Verfügung gestellt werden. Er verbindet sein Notebook mit einem vorhandenen Ethernet-Anschluß, startet ein Programm, welches von ihm die Kennung abfragt und wenige Augenblicke später kann er wie gewohnt drucken, Internetdienste nutzen und normal arbeiten. Er kann den Fax-Server seiner entfernten Firma nutzen und den Drucker am Ende des Ganges von seinem Hotelzimmer.

Seine gewohnte Arbeitsumgebung wird lediglich um die lokal angebotenen Dienste erweitert. Damit stehen ihm jetzt zusätzliche lokale Services zur Verfügung: ein lokaler Proxy zum Websurfen, ein normaler Schwarz-Weiß-Drucker, ein Folien-Drucker, ein Fax-Server vor Ort, auf dem er auch Faxe empfangen kann.

Abrechnung von Service-Leistungen
]Abrechnung von Service-Leistungen

Service-Leistungen sind nie umsonst. Entweder man bezahlt sie als Pauschale bereits mit seinem Semesterbeitrag oder dem Zimmerpreis oder sie werden gesondert erhoben und abgerechnet.

Ist die Gebühr zur Nutzung verschiedener Services im Preis noch nicht enthalten, muß sie gesondert erhoben und verrechnet werden. In einem Hotel bietet es sich an, diese Beträge sofort auf die jeweilige Zimmerrechnung zu buchen und am Ende mit allen angefallenen Kosten zusammen abzurechnen und vom Kunden zahlen zu lassen.

In einer Bibliothek ist es allerdings sehr schwierig bis unmöglich den Nutzer der Gastkennung, der gerade 10 Seiten ausgedruckt hat, aufzufinden. Deshalb könnte man in solchen Bereichen zusätzlich auf anonyme Zahlungsmethoden zurückgreifen.

Dabei könnte an jedem Arbeitsplatz (oder in jedem Hotelzimmer) ein Geldkarten-Gerät stehen. Will man einen kostenpflichtigen Service nutzen, muß man dort eine Geldkarte eingeben. Der Computer teilt mit, wieviel er für die entsprechende Service-Nutzung von der Karte abbuchen wird (und wieviel Geld noch auf der Karte ist). Der Nutzer muß dieses bestätigen und erst dann bekommt er den Service 'geliefert' und der Betrag wird direkt von seiner Karte abgebucht.

Alternativ kann man sich dieses mit Kreditkarten und EC-Karten vorstellen. Auch ist eine direkte Abbuchung vom Konto des Nutzers denkbar, hier muß dann keine Karte eingefügt, sondern eine Kontonummer angegeben werden.

bisherige Realisierung
]bisherige Realisierung

Bisher ist diese Form der alles umfassenden Dienstleistung in Deutschland eher unbekannt.

Zur Realisierung dieser Vorstellung gibt es seit einiger Zeit weltweite Bemühungen. Dazu wurden inzwischen unter anderem Protokolle und Plattformen zur automatischen Vergabe einer IP-Adresse, Dienstvermittlung und zum zentralen Service-Management entwickelt.

Ein momentan sehr aktuelles Gebiet ist die Dienstvermittlung an sich; also die Frage: Wie erfährt das neu hinzugekommene System, welche Dienste ihm zur Verfügung stehen und wie es sie ansprechen kann (z.B. den Namen der Netzwerk-Drucker und ihre Beschreibung). Die Beschreibung ist für den Nutzer, damit der sich aus den möglichen angebotenen Druckern den von ihm Bevorzugten auswählen kann.

Dabei muß die Frage der Berechtigung gestellt werden: Darf dieser Nutzer auf diese Daten zugreifen und wenn ja, muß eine weitere Aktion (Geld von einer Karte abbuchen, auf die Hotelrechnung verbuchen) eingeleitet werden? Muß der Nutzer sich vielleicht noch einmal extra authentisieren (also Name und Passwort angeben)? Was ist im zu nutzenden Dienst eine Abrechnungseinheit und wie viel soll sie kosten?

Damit wird ein weiteres Problem sichtbar: Das allgemeine Management aller im Netzwerk angebotener Dienste zusammen. Schließlich macht es keinen Sinn, wenn der Drucker A die Diensterbringung verweigert und Drucker B sie erbringt, lediglich, weil vergessen wurde, Drucker B 'mitzuteilen', daß dieser Nutzer nicht berechtigt ist, die Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Damit solche Kommunikationspannen nicht passieren ist ein zentrales Management wichtig. Dies läßt sich zusätzlich vereinfachen, indem man nicht jeden Service separat komplett konfiguriert, sondern nur die Teile, die für diesen Service spezifisch sind. Alle anderen Informationen 'holt sich' der Service bei Bedarf von einer zentralen Stelle.

Somit fragen zum Beispiel Drucker A und Drucker B einen Service, ob der Nutzer X bei ihnen drucken darf. Beide bekommen ein 'Nein' und verweigern die Dienstleistung einheitlich.

Es wird also ein System benötigt, welches

Protokolle, die einen Aufbau solcher Systeme erlauben, wurden in den letzten Jahren verschiedentlich entwickelt und veröffentlicht. Aktuelle Beispiele hierfür sind:

DHCP (Dynamic Host Configuration Protocol)
Vergabe einer IP-Adresse sowie allgemeine Systeminformationen
SLP (Service Location Protocol)
Vermittlung von Diensten
CORBA Trading Service
Vermittlung von Diensten
JINI (Java Intelligent Network Infrastructure)
Vermittlung und Management von Diensten
SNMP (Simple Network Management Protocol)
Management von Diensten.

Diese Protokolle sollen jetzt in einer Managementplattform umgesetzt werden. Dabei sollten die jeweiligen Vorzüge der einzelnen Protokolle genutzt werden. Da dieses beim momentanen Stand der Technik die Verknüpfung mindestens dreier in sich nicht untereinander kompatibler Systeme bedeuten würde, ist der nächste Schritt:

Ein Konzept zu entwickeln, welches erweiterbar alle nötigen Protokolle unterstützen kann und somit zumindest für den Nutzer, der dieses Netzwerk nutzen möchte (also für das Nomadische System), völlig transparent in jedem Fall den gewünschten Service - nämlich Zugang zum Netz und Vermittlung benötigter Dienste - anbieten kann. Und dabei soll das vom Nomadischen System verwendete Protokoll (sofern es sich um ein Standard-Protokoll handelt), für das Funktionieren oder Nichtfunktionieren des Konzeptes belanglos sein.


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